Gespaltenes Verhältnis – Wie Bank und Kunde zusammenfinden

„Fast jede zweite Bankfiliale wird dicht gemacht“, titelte die ‚Süddeutsche‘ Ende Juli 2015. Anlass für diese Schlagzeile war eine Studie der KfW Förderbank, die prognostiziert, dass sich die Zahl der Bankfilialen bis 2035 halbieren könnte; das entspricht 14.600 Filialen in der gesamten Republik. Grund für das verstärkte Filialensterben sei das Onlinebanking; Kunden würden die meisten Geschäfte im Internet erledigen und die Zweigstellen mit ihren langen Warteschlangen und schlechten Parkplatzsituationen meiden. Besonders in den neuen Bundesländern fehlt es an Firmenkunden, die die mangelnde Kreditnachfrage der Privatleute ausgleicht – als Folge müssen Regionalbanken Einsparungen vornehmen. Und die lassen sich an Mieten und Personalkosten sehr effektiv umsetzen.

Bankgeschäfte: Online ist in

Onlinebanking ist ein Zukunftsmodell mit wachsender Nachfrage: Während 2013 nur 45 % der Deutschen ihre Bankgeschäfte online erledigt haben, waren es im vergangenen Jahr schon 54 % – und der Trend steigt weiter. Damit bewegt sich Deutschland im europäischen Mittelfeld: Besonders in den eher bevölkerungsarmen aber großflächigen Ländern Skandinaviens nutzen über 90 % der Kunden Onlinebanking. Das europäische Schlusslicht bilden Rumänien und Bulgarien, wo jeweils nur 8 % den PC statt die Filiale wählen. Auffällig ist, dass Bankgeschäfte im Internet keine Altersfrage sind. So liegt der Anteil der Online-Bankkunden, die jenseits der 70 sind, immer noch bei 22 %, was angesichts der relativ geringen Verbreitung von Internetanschlüssen bei Rentnern eine relativ erstaunliche Zahl ist. Möglicherweise ist die erschwerte Mobilität grade im höheren Alter eine Motivation, auf die digitale Filiale zurückzugreifen.

Andere Kommunikationskanäle haben es schwer

Dennoch ist Onlinebanking nicht gleich Onlinebanking. Auf der Webseite der Hausbank schnell eine Überweisung zu tätigen ist offensichtlich weit gängiger, als andere Bankgeschäfte im Internet. So bieten manche Banken auch Videoberatung an, was von den Kunden jedoch bisher kaum angenommen wird. Eine Befragung der Targobank ergab, dass nur jeder 20. Bankkunde Videoberatungen nutzt. Dagegen lehnen 64 % diese Kommunikationsform mit dem Bankberater insgesamt ab. Auch via Facebook nehmen nur 4 % der Bankkunden Kontakt zu einem Kundenberater auf.

Filialen mögen sterben – Kundenberater nicht

Ein Grund für die unterschiedliche Nutzung der verschiedenen Kommunikationskanäle dürfte sein, dass eine unkomplizierte Dienstleistung wie eine Überweisung oder die Einrichtung eines Dauerauftrags über die Webseite der Bank schneller, unkomplizierter und (seit der Einführung von Bearbeitungsgebühren für Überweisungsträger aus Papier) zuweilen auch billiger geht als in der Filiale. Ein konkretes Beratungsanliegen dagegen gestaltet sich meist komplexer und lässt sich mündlich tatsächlich schneller und besser erklären, als man es etwa in einer Mail formulieren könnte (was 30 % der Bankkunden tun) – vor allem wenn zum Beispiel verschiedene Finanzierungsmodelle verglichen, Vor- und Nachteile abgewogen, und Kundenbedürfnisse präzise erfasst werden wollen. Zwar würde sich eine solche Beratung auch via Videoberatung bewerkstelligen lassen, aber grade bei Finanzthemen legen Verbraucher offenbar Wert auf persönlichen Kontakt, zumal die Entscheidung für oder gegen einen bestimmten Kredit für die meisten Kunden eine Entscheidung ist, die einen noch lange Jahre begleitet. Persönliche Beratung ist in dieser Hinsicht sehr gefragt; der persönliche Kundenberater ist also keineswegs eine aussterbende Spezies – auch wenn schon 23 % der Deutschen auch bei einem ganz konkreten Beratungsbedarf nicht die Filiale aufsuchen. Ein möglicher Zwischenweg wären mobile Kundenberater, die nicht in einer bestimmten Filiale sitzen, sondern den Kunden direkt zu Hause besuchen, so wie es ja bspw. auch der Versicherungsvertreter macht. Dennoch wäre das eher Symptombekämpfung.

Banken müssen Online-Scheue verlieren

Das ominöse ‚Neuland‘ hält, so zeigt die Studie der KfW, Einzug in deutsche Haushalte. Aber obwohl Kundenberater der Hausbank noch immer sehr gefragt sind, rechnet sich das Angebot der Dienstleistungen in der Filiale nicht mehr. Diese Entwicklung lässt sich nicht umkehren – ihr lässt sich nur begegnen. Der wichtigste Schritt dorthin ist ein wenig mehr Pioniergeist bei den Banken. Kunden nutzen viele digitale Beratungsangebote auch deshalb nicht, weil sie bei den Banken unpopulär sind – natürlich, denn die Kunden sollen ja in die Filiale kommen, um dort den Umsatz zu steigern. Aber das ist zu kurzfristig gedacht. Es mögen nur 6 % der Bankkunden Videoberatung nutzen, aber weitere 10 % nutzen sie nur deshalb nicht, weil die Bank sie nicht anbietet. Weitere 21 % könnten sich eine Videoberatung grundsätzlich vorstellen. Somit wären schon bis zu 35 % der Kundschaft digital beraten – ganz zu schweigen von den Kunden, die dann einfach schon wegen der plötzlichen Alltäglichkeit Vertrauen in diese Form der Kommunikation setzen würden. Schließlich haben auch nicht von Anfang an mehr als die Hälfte der Bankkunden ihre Überweisungen online getätigt. Ende der 90er Jahre war man berechtigterweise skeptisch gegenüber dieser neuen Technik.

Auch Kunden sind noch online-scheu

Ein Grund für die Innovationsscheue der Banken könnte sein, dass in den Führungsebenen noch nicht jene „Digital Natives“ sitzen, die Onlinebanking als Selbstverständlichkeit sehen. Bis 2035, wenn im schlimmsten Fall die Hälfte der Filialen geschlossen werden musste, wird das jedoch anders sein. Wünschenswert wäre dennoch, dass Banken schneller neue Wege ausprobieren, die letztlich auch die Kunden schneller an Onlineabwicklungen gewöhnen. Auch in einer Videoberatung sitzt am anderen Ende des PCs schließlich immer noch – ein Mensch.

Zu erkennen, was Kunden möchten, erwarten und fordern, ist die Grundlage jedes unternehmerischen Handelns. concertare analysiert aus diesem Grund seit nahezu 20 Jahren, welche Faktoren Kundenbeziehungen beeinflussen, wie ein Unternehmen das Verhältnis zum Kunden optimieren kann, und wie der Service vom Verbraucher eingeschätzt wird. Dazu werden speziell geschulte Mitarbeiter direkt vor Ort eingesetzt und erheben Daten, die in der späteren Auswertung die Grundlage der individuellen Unternehmensberatung sind.

 

Quellen:

  • http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bankfilialen-das-grosse-sterben-1.2579103
  • http://de.statista.com/statistik/daten/studie/3942/umfrage/anteil-der-nutzer-von-online-banking-in-deutschland-seit-1998/
  • http://de.statista.com/statistik/daten/studie/3943/umfrage/anteil-der-nutzer-von-online-banking-nach-altersgruppen-in-deutschland/
  • http://de.statista.com/statistik/daten/studie/190594/umfrage/nutzung-von-online-banking-in-eu-laendern/

Zurück

QUICK SUPPORT   I   IMPRESSUM   I   DATENSCHUTZ