Mit Roggen und Rosinen – Wie eine deutsche Bäckerei Riads Oberschicht verführt

CraftmanshipDeutschland gilt als die brotversessenste Nation der Welt. 3247 Brotsorten sind momentan beim Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks registriert. Tendenz: steigend. Der Sinn hinter der Zählung ist, die deutsche Brotvielfalt zum Weltkulturerbe erklären zu lassen. Warum grade Deutschland eine so reichhaltige Brotpalette hervorgebracht hat, gibt Anlass zu Spekulationen. Wesentlich verantwortlich sind jedoch zwei Aspekte: Getreidevielfalt und Kleinstaaterei.

Südlich der Alpen wächst Roggen nicht besonders gut, weshalb man dort hauptsächlich Weizen angebaut hatte und demzufolge in erster Linie Weizenbrot aß. Roggen braucht neben kühlerem Klima auch sandige Böden, weshalb er eher in Norddeutschland angebaut wurde. Im Schwabenland sind dagegen die Bedingungen für Dinkel günstig. Und natürlich, wie eigentlich überall in Europa, gedeiht Weizen in Deutschland gut. Allein diese Getreidevielfalt dürfte ihren Teil dazu beigetragen haben, dass in Deutschland mit Broten mehr experimentiert wurde (und wird) als anderswo. Aber auch die in Deutschland besonders lange vorherrschende Kleinstaaterei mit ihren eigenen lokalen Gesetzen und Bräuchen (und Rezepten) hat zur reichhaltigen Backkultur beigetragen.

Backwaren: Vorlieben sind regional verschieden

Regional sind die teigigen Vorlieben der Deutschen sehr unterschiedlich. Während in Hamburg Vollkornbrote in Kastenform sehr beliebt sind, bevorzugt der Bayer Roggenmischungen und runde Formen. Solche Vorlieben gelten nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern auch international – etwa im Nahen Osten. Immerhin würde man hier eine Weile suchen müssen, bevor man ein Brötchen mit Pesto oder Plunder mit Datteln bekommen könnte.

Die Bäckereikette ‘Kamps’ hat ihren Sitz im niederrheinischen Schwalmtal, expandiert aber momentan nach Saudi-Arabien, explizit in die Hauptstadt Riad mit ihren vier Millionen Einwohnern. Jedoch wird das deutsche Angebot nicht einfach übernommen – gastronomische Vorlieben wollen auch hier beachtet werden. So sind die Käsebrötchen nicht mit Gouda belegt, wie es in Deutschland üblich ist, sondern mit Halloumi, dem im Nahen Osten traditionell bevorzugten Schafskäse. Auf dem Brötchen mit Hähnchenbrust findet sich neben Tomaten zusätzlich rotes Pesto und der Flammkuchen wird nicht mit Sauerrahm gebacken, sondern mit Labné, dem arabischen Pendant, das neben Kuhmilch Kamel- und Ziegenmilch enthalten kann und sich auch in vielen anderen Backwaren der ‘Kamps’-Filiale in Riad wiederfindet. Auch bei den im Kuchen verarbeiteten Früchten kommen neben Klassikern wie Erdbeeren, Äpfeln und Kirschen regionale Spezialitäten wie Datteln, Mangos und Zitrusfrüchte zum Einsatz.

Für die vor drei Jahren eröffnete Filiale in London wurden die deutschen Rezepte dagegen einfach übernommen – der Geschmack der Briten unterscheidet sich nicht so sehr von dem der Deutschen.

Sehr gefragt: Hochpreisige Feinbackwaren

Der Gründer der Bäckereikette, Heiner Kamps, schielt nicht zum ersten Mal auf den Nahen Osten. 2007 hatte es Pläne gegeben, mit der Fischimbisskette ‘Nordsee’, die damals seiner Leitung unterstand, nach Saudi-Arabien zu expandieren. Bis 2012 sollten 150 Filialen im arabischen Raum entstehen; eröffnet wurden bisher jedoch nur zwei in Dubai. Die beiden ‘Kamps’-Filialen in Riad dagegen werden höchstwahrscheinlich nicht die einzigen bleiben – die erste Filiale, die im Februar eröffnete, ist 450 Quadratmeter groß und erzielte laut einer Pressemitteilung binnen kürzester Zeit bis zu 12.000 Euro Umsatz pro Tag. Die zweite Filiale eröffnete im April und zielt wie die erste auf die Ober- und Mittelschicht: Ein Brot kostet zwischen vier und fünf, ein Snack fünf bis sieben Euro und die besonders nachgefragten Feinbackwaren sind nochmal deutlich teurer als in Deutschland. ‘Kamps’ profiliert sich in Riad damit als Edelbäcker, der durch Craftmanship und hohe Qualität seine Preise rechtfertigt.

Expansion steht noch am Anfang

Anders als in den meisten deutschen Bäckereien werden die Waren in Riad im Zuge des in Deutschland schon erprobten Konzepts ‘Backstube’ direkt vor dem Kunden zubereitet; so wird Frische und eine hohe Qualität suggeriert. Durch ein über vier Jahre hinweg erarbeitetes Verfahren, so behauptet ‘Kamps’, können die gefrorenen Backwaren die dreiwöchige Schiffsreise nach Saudi-Arabien ohne Geschmacksverluste überstehen. Das Konzept scheint aufzugehen, jedenfalls legen die Tagesumsätze diese Vermutung nahe. Bleibt die Vorliebe der Saudis für deutsche Backwaren erhalten, sollen künftig bis zu zehn neue Filialen eröffnet werden – pro Jahr!

Deutsche Erfolgsrezepte zu exportieren ist eine gewinnbringende Idee, die schon sehr häufig umgesetzt wurde, etwa in der Automobilindustrie. Auf dem gastronomischen Sektor ist so etwas jedoch schwierig und erfordert Fingerspitzengefühl. Craftmanship ist hier ein gutes Verkaufsargument, mit dem sich bspw. auch die deutschen Biergärten und Brauhäuser in den USA und Asien etablieren konnten, jedoch werden die Bierrezepte in diesem Fall natürlich nicht angepasst – anders als bei Backwaren, die zwangsläufig dem regionalen Geschmack zumindest ein Stück weit angepasst werden müssen, damit das Angebot Zugang zum lokalen Markt bekommt und kein Nischenprodukt bleibt.

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Quellen:

  • http://www.brotkultur.de/brote-in-der-uebersicht/erfasste-brote/
  • http://www.welt.de/wirtschaft/article1121236/Nordsee-erobert-den-Mittleren-Osten.html
  • http://m.focus.de/finanzen/news/unternehmen/korneck-und-kaese-broetchen-fuer-saudi-arabien-baeckerei-kette-kamps-gibt-gas-deutsches-brot-erobert-den-orient_id_5484133.html

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