High End in Fernost – Wie sich der chinesische Markt für Luxusuhren verändert

China boomt – und das schon lange. In den vergangenen zehn Jahren hat sich das Bruttoinlandsprodukt Chinas verfünffacht und in den kommenden 15 Jahren wird der unangefochtene Exportweltmeister die USA und die EU als wirtschaftsstärkstes Land der Welt überholen. Zwar brach die Börse allein in diesem Sommer zweimal ein, zuletzt Mitte August, was verschiedene Branchen hemmt, aber mittel- und langfristig ist das Land kaum zu bremsen; ein Wirtschaftswachstum von sechs Prozent wird erwartet. Die florierende Wirtschaft schlägt sich auch auf die Bevölkerung nieder: Die Löhne steigen weiter, womit auch die Kaufkraft steigt – und das Marktpotenzial für hochpreisige Luxusartikel wie bspw. edle Uhren ebenfalls.

Der Markt für Luxusuhren in China ist nicht unbedingt neu. Besonders in den stark boomenden frühen 2000er-Jahren investierten viele Manufakturen in Filialen und Niederlassungen in Chinas Metropolen. Inzwischen wächst die Wirtschaft Chinas nicht mehr zweistellig, aber ausgeschöpft ist das Marktpotenzial noch lange nicht. Dennoch gehen renommierte Hersteller von Luxusuhren dazu über, einst eifrig eröffnete Filialen wieder zu schließen. Unter anderem die grotesk gestiegenen Mieten in den Einkaufszentren chinesischer Metropolen schmälern die Margen.

China: Luxusuhren in der Krise?

Im Rahmen des „China Watch Report 2013“ wurde ermittelt, dass ein chinesischer Millionär im Schnitt sechs Uhren besitzt. Und dennoch ist die Kauflust groß, besonders was nicht-chinesische Hersteller betrifft. 70 % der reichen Chinesen trauen den einheimischen Uhrenherstellern nämlich nicht. Am beliebtesten ist stattdessen die Genfer Manufaktur Patek Philippe, die einige der teuersten Uhren der Welt herstellt. Die Fabrikate von Patek Philippe seien „das Erkennungszeichen der Mächtigen“, schrieb vor einigen Jahren ‚Die Zeit’. Nach dem Rekordjahr 2012 zeichnete sich jedoch ab, dass der High-End-Markt in China nicht ewig weiter wachsen würde. Die Hersteller wurden schnell vorsichtig, befürchteten eine Blase. Immerhin handelt es sich bei Luxusuhren um Prestigeobjekte, die praktisch keine Verschleißerscheinungen haben; eine Marktsättigung war abzusehen. Eingetreten ist sie jedoch nicht.

Chinesen kaufen ihre teure Haute Horlogerie gewöhnlich nicht in China, sondern im Ausland. Das liegt unter anderem an Gesetzesänderungen der chinesischen Regierung, die die Luxussteuer angehoben hatte. Dadurch soll auch der Korruption Einhalt geboten werden – chinesische Geschäftleute machen sich nicht selten sehr teure Geschenke, was der kommunistischen Ausrichtung des Landes entgegenläuft. Die ‚Welt’ prognostizierte 2013: „Die größten Wachstumspotenziale in China liegen nicht mehr ausschließlich in den hochpreisigen Segmenten, sondern werden langfristig aus gezielter Markenführung im High-End-Bereich und einer kontinuierlichen Erschließung der chinesischen Mittelklasse durch namhafte Lizenzuhren bestehen müssen.“ Jedoch ist diese Prognose nur mittelfristig gedacht. Schließlich wird die Kaufkraft in China aller Voraussicht nach auch weiterhin steigen, sodass die Mittelschicht sich auf Dauer durchaus ebenfalls Rolex und Omega leisten können wird.

Ist die Apple Watch der große game changer?

Ein Revival von Uhren allgemein könnte durch die Einführung der Apple Watch erreicht werden. Das hoffen zumindest manche Hersteller. Jean-Claude Biver, Chef des französischen Luxuskonzern LVMH, erklärte in einem Interview, dass er die Smartwatch für einen Segen halte, weil auf diesem Wege junge Leute wieder an Armbanduhren herangeführt würden.

Swatch-Chef Nick Hayek dagegen ist angeblich nicht gut auf die Apple Watch zu sprechen. Er befürchtet Gewinneinbußen eines ohnehin zweischneidigen Geschäftes: Seit Mobiltelefone und besonders Smartphones allgegenwärtig sind, sind Armbanduhren an sich nutzlos; sie zeigen die Zeit an, das Datum, haben vielleicht noch andere mehr oder weniger nützliche Funktionen wie Stoppuhren oder sogar Mondphasenanzeiger, aber letztlich kann eine Armbanduhr nichts, was das Mobiltelefon nicht auch könnte.

Daher entstand eine Art Trend zur Rückbesinnung – hin zu klassischen Uhren, die nicht wegen des elektronischen Nutzens getragen werden, sondern ausschließlich als Statussymbol, Stilmittel, oder Accessoire, das das restliche Outfit abrundet. Klassische Uhren haben allerdings noch einen weiteren Vorteil: Die Apple Watch ist binnen weniger Jahre veraltet. Sie hat eine Halbwertzeit von etwa drei Jahren, während eine Piaget, Glashütte oder Tag Heuer auch nach 20 Jahren nur unwesentlich an Wert verliert. Swatch revanchierte sich kürzlich für die neue Konkurrenz, indem man sich die Slogans „One more thing“ (ein Satz, den Steve Jobs bei Neuankündigungen zu sagen pflegte) und „tick different“ (eine Entlehnung des bekannten Apple-Slogans „think different“) patentrechtlich schützen ließ. Swatch hatte schon zuvor verhindert, dass Apple den eigentlich angestrebten Markennamen iWatch bekam, weil es zu Verwechslungen mit der iSwatch hätte kommen können.

Wie kommt die Apple Watch in China an?

Obwohl die Erwartungen groß waren, kam die Apple Watch offenbar nicht so gut an, wie man erwartet hatte. Für den Börsenkurs war auch ein dubios wirkendes Rätselraten um die ersten Verkaufszahlen im Juli von Nachteil. Apple-Chef Tim Cook und Finanzchef Luca Maestri weigerten sich, genaue Verkaufszahlen preis zu geben, weil daraus angeblich ein Vorteil für die Konkurrenz entstünde. Das klingt nach einer Ausrede, die schlechte Verkaufszahlen kaschieren soll. Die Marktanalysten von IDC veröffentlichten jedoch eine Studie, nach der im zweiten Quartal 3,6 Millionen Apple Watches verkauft wurden. Das wäre ein Riesencoup für die meisten Firmen, da die Apple Watch erst Ende April auf den Markt kam und das Quartal somit um einen Monat verkürzt war, aber von Apple waren die Anleger mehr gewohnt. Zum Vergleich: Bevor Apple seine Smartwatch auf den Markt brachte, war Samsung der führende Hersteller auf diesem Gebiet, verkaufte in 2014 aber auch „nur“ 1,2 Millionen Stück. Apple konnte binnen acht Wochen also die Verkaufszahlen des bisherigen Marktführers um das dreifache überbieten. Bisher ist die Apple Watch zudem in nur 16 Ländern in den Verkauf gegangen, Marktpotenzial ist demzufolge noch da, besonders in China, Apples absatzstärkstem Markt. Der Markt für Wearables boomt momentan ohnehin.

Genauso wenig wie es konkrete Zahlen für westliche Länder gibt, wurden die Verkaufszahlen für China veröffentlicht, daher kann nur gemutmaßt werden, wie erfolgreich die Apple Watch dort war, bzw. noch sein wird. Vergleicht man jedoch die Zahlen für Smartwatches in China allgemein, ist die Tendenz klar: 2014 wurden grade einmal 500.000 Smartwatches verkauft. 2015 werden es 3,6 Millionen sein – ebenso viele, wie Apple Watches in den ersten acht Wochen weltweit verkauft hatte. Im Hinblick auf die noch immer schnell wachsende Wirtschaft, die traditionelle Technikversessenheit und die schiere Zahl von 1,4 Milliarden Einwohnern, ist ein Marktpotenzial zu erschließen, dass die Apple Watch bis 2016 durchaus zum Marktführer machen könnte.

Welche Erwartungen Kunden an bestimmte Produkte haben und wie ein Unternehmen bisher ungenutztes Marktpotenzial erschließen kann, untersucht concertare seit über 15 Jahren. Durch speziell geschulte Mitarbeiter wird für jedes Unternehmen eine individuelle Eruierung direkt vor Ort durchgeführt, die Grundlage der Analyse durch concertare ist.

 

Quellen:

  • http://www.stern.de/wirtschaft/news/china-boomt-nicht-mehr-6389666.html
  • http://www.zeit.de/wirtschaft/boerse/2015-08/china-asien-boersen-einbruch
  • http://de.statista.com/statistik/daten/studie/37013/umfrage/ranking-der-top-20-exportlaender-weltweit/
  • http://www.21china.de/wirtschaft/chinawatchreport/
  • http://www.zeit.de/2009/47/Stern-47
  • http://luxus.welt.de/business/katerstimmung-china
  • http://www.zdnet.de/88245234/idc-apple-watch-fand-im-zweiten-quartal-36-millionen-kaeufer/

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